OTF - Orientierung zur
transnationalen Fallbearbeitung

Hilfe zu Integritätsfragen in länderübergreifenden Verfahren

Einleitung

Was bietet OTF?

Wenn Fälle von mutmaßlichem wissenschaftlichen Fehlverhalten eine transnationale Dimension annehmen, geht dies mit erheblicher Komplexität einher. Rechtliche Rahmenbedingungen, zu beachtende Regularien und Vorgaben von (Förder-)Institutionen können sich unterscheiden. Auch der Zugang zu für die Bearbeitung relevanten Informationen und zu passenden Ansprechpersonen kann im Fall der Betroffenheit mehrerer Länder erschwert sein.

 

Die Zunahme internationaler Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Kontext, erhöht die Bedeutsamkeit der Orientierung bei transnationalen Fallbearbeitungen. Das Ziel der im Rahmen von „Orientierung in der transnationalen Fallbearbeitung“ (OTF) veröffentlichten Dokumente besteht darin, praktische Orientierung für diejenigen anzubieten, die aktiv an der Bearbeitung von Fällen mutmaßlichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens mit transnationaler Dimension beteiligt sind.

Research Integrity Officers, Ombudspersonen, Vertrauenspersonen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Forschungs- und Hochschuleinrichtungen soll dadurch Unterstützung geboten werden, wenn sie mit Fällen konfrontiert sind, die Beteiligte aus mehreren Ländern umfassen, im Rahmen von internationalen Projekten auftreten oder Personen mit Affiliationen in unterschiedlichen Ländern betreffen.

 

 

Bewusst wurde im ersten Schritt eine Einschränkung auf den deutschsprachigen Raum vorgenommen. An der Erstellung dieser Dokumente waren Institutionen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg beteiligt. Bereits hier hat sich gezeigt, dass die Regelungen und Zugänge sehr unterschiedlich sein können.

Ressourcen

Die Fallbeispiele dienen dazu einen Eindruck zu vermitteln, wie transnationale Fälle aussehen können.

Der Decision Tree stellt den idealisierten Ablauf der Untersuchung eines transnationalen Falles dar und verweist auf Fragen, die für Untersuchende zum jeweiligen Zeitpunkt im Prozess relevant werden können.

Der Fragenkatalog bietet die Möglichkeit, sich durch die Beantwortung von bei den verschiedenen Prozessschritten typischen Fragen, systematisch durch den Untersuchungsprozess zu navigieren.

 

Die Downloadsektion enthält nähere Informationen zu Rechtsgrundlagen und zur Infrastruktur zu wissenschaftlicher Integrität in den einzelnen Ländern.
Das Glossar bietet Definitionen zentraler Begriffe sowie verwandte Begriffe, die in anderen Ländern synonym verwendet werden.

Kontakt mit den an OTF beteiligten Institutionen und Personen ist über die Sektionen Netzwerkpartner oder Kontakt (Fußzeile) möglich.

Fallbeispiele

Hinweis: alle Namen von Personen und die geschilderten Sachverhalte sind fiktiv.

'Bei Teilen Plagiat'

Lisa F. ist Master-Studentin in BWL an der Universität Graustadt (D). Sie erstattet bei der Ombudsstelle ihrer Universität Meldung folgenden Inhalts:

'Deine, meine, unsere Autorschaft'

Die Vertrauensperson der Universität Birgg (CH) erhält

'Folge dem Förderantrag'

Leon G. hat eine PostDoc-Stelle am Institut für Transformation der Fakultät Sozialwissenschaften an der TU Lems (A) inne

'Perfekte Bilder'

Bei der Ombudsperson der Universität Mirstadt (D) geht im März 2025 folgende anonyme Meldung per E-Mail ein:
Decision Tree

Decision Tree

Fallbearbeitung

Länderüber­greifende Fallbearbeitung
- ein Fragenkatalog

Zunächst sollte eine grundlegende Zuständigkeitsprüfung erfolgen: Dabei ist vor allem die örtliche, sachliche, institutionelle (sowie ggf. personelle) und rechtliche Zuständigkeit für die eigene Institution abzuklären.

Die nachfolgenden Fragen werden sich in diesem Zusammenhang typischerweise stellen:

  1. Begründet die Meldung den Verdacht eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens?
  2. Betrifft die Meldung Angehörige der eigenen Institution?
  3. Ist die Meldung noch an anderer Stelle eingereicht worden?
  4. Betrifft die Meldung Personen oder Gruppen aus Institutionen verschiedener Länder?
  5. Wenn ja, in welchem Land und in welcher Einrichtung ist die beschuldigte Person bzw. sind die beschuldigten Personen verortet?
  6. Wo war(en) die beschuldigte(n) Person(en) zum Zeitpunkt des mutmaßlichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens angestellt bzw. affiliiert? Welche Beschäftigungsverhältnisse bestehen derzeit bzw. wo sind die Beteiligten derzeit affiliiert?
  7. Gibt es eine Vereinbarung zu dem Forschungsprojekt, ein Grant- oder Kooperations-Agreement (oder andere Dokumente/Vereinbarungen), in dem Zuständigkeiten geregelt sind?
  8. Gibt es eine Leitung des Forschungsprojekts? Falls ja, an welcher Institution und in welchem Land ist die Leitung des Vorhabens angesiedelt?
  9. Ergeben sich aus der Finanzierung des Forschungsprojekts weitere Zuständigkeiten?
  10. Gibt es besondere Vorgaben für die Bearbeitung von anonymen Meldungen?

Im nächsten Schritt ist zu entscheiden, ob weitere Personen oder Einrichtungen involviert werden sollten. Es muss geprüft werden, ob weitere betroffene Einrichtungen von der fallbearbeitenden Stelle direkt informiert werden können, oder ob die hinweisgebende(n) Person(en) die Meldung dort einreichen sollte(n). Stellt sich im Zuge der Zuständigkeitsprüfung heraus, dass die Meldung nur oder auch Teilaspekte umfasst, die sich nicht auf mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten beziehen, sollten den Meldenden nach Möglichkeit Kontaktinformationen zuständiger Stellen weitergeben werden.

Sind mehrere Institutionen oder Länder involviert, bestehen in Europa insbesondere aufgrund von Datenschutzvorgaben und Regelungen zum Vertrauensschutz Beschränkungen im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten. Zur Aufklärung eines Verdachtsfalls wissenschaftlichen Fehlverhaltens muss bei diesen Fällen geklärt werden, wie die Bearbeitung erfolgen und ggf. koordiniert werden kann. Zu den Handlungs- und Verfahrensmöglichkeiten bieten die folgenden Fragen Orientierung.

  1. Welche der involvierten (wissenschaftlichen) Einrichtungen sind einzubeziehen (etwa Hochschulen oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, staatliche Stellen, Förderer, internationale Stellen)?
  2. Wer bzw. welche Stellen sind für die Bearbeitung von Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in den weiteren involvierten Ländern und Einrichtungen zuständig? Mit welcher Stelle kann ein – allgemeiner, anonymisierter – Austausch zu Verfahrensfragen erfolgen? Wer sind die dortigen Kontaktpersonen?
  3. Welche Regularien (etwa rechtliche Regeln, Verfahrensordnungen oder sonstige Richtlinien) kommen bei den involvierten Institutionen zur Anwendung? Sind die Beteiligten öffentliche oder privatrechtlich organisierte Einrichtungen?
  4. Gibt es an der eigenen Institution und den anderen involvierten Institutionen Stellen, die für internationale bzw. länderübergreifende Angelegenheiten zuständig sind und bei einer etwaigen Koordination unterstützen können?
  5. Welche Verantwortungen und Rollen in der Untersuchung von mutmaßlichem wissenschaftlichen Fehlverhalten haben die involvierten Institutionen, und sind diese ggf. in einer Vereinbarung geregelt?
  6. Gibt es in den involvierten Ländern eine nationale Stelle für die Meldung, Durchführung oder Koordination von Verfahren zur Prüfung mutmaßlichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens?
  7. Gibt es Sondervereinbarungen zur Regelung zum Umgang mit Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Rahmen einer transnationalen Kooperation?
  8. Gibt es eine verbindliche rechtliche Vereinbarung oder sonstige regulatorische Grundlagen für ein länderübergreifendes gemeinsames Verfahren?
  9. Wer ist befugt bzw. (rechtlich) legitimiert, zu dem konkreten Fall mit weiteren beteiligten Einrichtungen bzw. Stellen in anderen Ländern zu kommunizieren?

Sofern eine koordinierte Bearbeitung möglich ist und angedacht wird, ist zu definieren, wie die Kommunikation zwischen den Institutionen ablaufen wird und welche Daten weitergegeben werden können. Zudem stellt sich die Frage, ob unterschiedliche Verfahrensregeln beachtet werden müssen.

  1. Haben alle involvierten Institutionen definierte Prozesse für das Verfahren?
  2. Sind die Verfahrensschritte zur Prüfung mutmaßlichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vergleichbar und kompatibel?
  3. Haben die involvierten Institutionen unterschiedliche Definitionen der Tatbestände wissenschaftlichen Fehlverhaltens?
  4. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Informationen aus dem eigenen Verfahren an Institutionen im Ausland weitergeben werden? Haben die involvierten Institutionen unterschiedliche Regelungen hinsichtlich Vertraulichkeit, Informationsweitergabe und Datenschutz? Sind Einverständniserklärungen (etwa von Betroffenen) notwendig?
  5. Wer wird Mitglied der Untersuchungskommission sein? Kann eine gemeinsame Untersuchungskommission eingesetzt bzw. tätig werden? Wer wird sie einsetzen? Nach welchen Regeln wird sie besetzt? Nach welchen Regeln wird die Untersuchungsinstanz arbeiten?
  6. Wie wird die Kommunikation zwischen den Institutionen und mit den beteiligten Parteien ablaufen? Gibt es hierzu Vorgaben?
  7. Gibt es Fristen (ggf. auch Verjährungen) für das Verfahren zu beachten? Mit welchem Zeitrahmen ist bis zum Abschluss der Prüfung zu rechnen?
  8. Welche Rechte und Pflichten haben die beschuldigten Personen an den verschiedenen involvierten Institutionen? Wie ist der Einbezug von Rechtsvertretungen/Anwälten geregelt?
  9. Welche Rechte und Pflichten haben die meldenden Personen an den verschiedenen involvierten Institutionen?

Im Fall einer koordinierten Bearbeitung ist zum Abschluss zu entscheiden, ob und in welcher Form die Untersuchungsergebnisse zwischen den beteiligten Institutionen geteilt werden können und sollten. Bei einer Veröffentlichung oder Weitergabe der Untersuchungsergebnisse ist zudem abzuklären, ob die beteiligten Institutionen unterschiedliche Vorgaben diesbezüglich haben und gegebenenfalls eine koordinierte Lösung zu finden.

  1. Gibt es einen Untersuchungsbericht? Kann ein (ggf. zusätzlicher, ggf. kürzerer) gemeinsamer Untersuchungsbericht erstellt werden?
  2. Wer sind die Adressaten des Berichtes?
  3. Gibt es Vorgaben bzw. Regelungen zur Erstellung und zu den Empfängern und Empfängerinnen des Untersuchungsberichtes? Besteht einerseits eine Auskunftspflicht, andererseits die Auskunftsmöglichkeit gegenüber beschuldigten Personen, meldenden Personen, betroffenen Forschungsgruppen, Forschungsförderern, anderen Institutionen, Journals, Angehörige der involvierten Hochschulen oder der Öffentlichkeit?
  4. Gibt es neben einem Untersuchungsbericht noch ein anderes Format der Mitteilung des Untersuchungsergebnisses? (etwa Zusammenfassung des Berichtes, Protokollauszug der Beschlüsse zum Verfahren)
  5. Gibt es eine anonymisierte Fassung des Untersuchungsberichtes?
  6. Können eine Informationskaskade und ein gemeinsamer Zeitplan zum Verfahrensabschluss und der Kommunikation der Ergebnisse erstellt werden?
Downloads

Informationen,
Links & Downloads

Glossar

Glossar

OTF_Logo

Kontakt

Österreich 🇦🇹

Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI)

office@oeawi.at

 

Ombudsstelle für Studierende

info@hochschulombudsstelle.at 

Deutschland 🇩🇪

Ombudsgremium für die wissenschaftliche Integrität in Deutschland (OWID)

office@ombudsgremium.de

 

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

WI@dfg.de

 

Schweiz🇨🇭

ETH Zürich

integrity@ethz.ch

 

Luxemburg 🇱🇺

Luxembourg Agency for Research Integrity (LARI)

secretarygeneral@lari.lu

 

Zum Inhalt springen